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sicher, ob es wirklich nur ein Scherz war.
»Ihr seid also der Heilige Mann, auf den wir alle seit
Wochen warten, damit er den Zorn der Kirche auf das sün-
dige Haupt der Hexe herabbeschwört«, sagte er spöttisch,
wobei er einen Schritt zurückwich und Tobias mit einem
Blick maß, als sähe er ihn überhaupt jetzt das erste Mal.
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»Ich muß gestehen, ich habe mir Euch . . . anders vorge-
stellt.«
»Wie denn?« erkundigte sich Tobias.
Temser zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht«,
gestand er. »Anders eben. Vielleicht älter. Grimmiger?«
Es war eindeutig eine Frage, aber er gab Tobias gar keine
Gelegenheit, sie zu beantworten, sondern deutete zum Haus.
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»Kommt herein, ich schätze mich glücklich, Euch in meinem
bescheidenen Haus zu wissen. Ihr müßt durstig sein, wenn
Ihr den ganzen Weg von Buchenfeld bis hierher durchgerit-
ten seid.«
»Das sind wir nicht«, antwortete Tobias. »Zuvor machten
wir beim Müller Halt.«
Temser verzog das Gesicht. »Dann braucht Ihr erst recht
einen guten Schluck«, sagte er. »Ihr schlagt mir doch die Ein-
ladung nicht ab, mit uns zu speisen?«
»Ich fürchte, doch«, antwortete Bresser an Tobias' Stelle.
»Wir können nicht sehr lange bleiben. Pater Tobias möchte
heute noch den Grafen aufsuchen.«
Temser war überrascht, und Tobias glaubte zu spüren,
daß es nicht unbedingt eine angenehme Art von Überra-
schung war. Doch er beherrschte sich und sprach nichts von
alledem aus, was ihm auf der Zunge liegen mochte, sondern
zuckte nur mit den Schultern. »Aber einen Krug Bier trinkt
Ihr mit uns, oder? Und eine kleine Wegzehrung könnte
sicher auch nicht schaden. Es ist noch eine gute Stunde bis
zum Schloß.«
»Gern«, antwortete Tobias rasch, ehe Bresser wieder an sei-
ner Statt antworten konnte. Plötzlich lächelte er und hielt sich
demonstrativ mit beiden Händen das verlängerte Rückgrat.
»Wenn ich ganz ehrlich sein soll, könnte ich eher ein weiches
Kissen vertragen. Ich bin das Reiten nicht mehr gewohnt.«
Der Bauer lachte schallend, während Bresser eher peinlich
berührt aussah. »Wir werden sehen, was wir tun können«,
sagte Temser. »Nun kommt erst einmal herein.« Er drehte
sich um und blieb fast sofort wieder stehen, als er die beiden
Pferde sah, die der Hofknecht zur Tränke auf der anderen
Seite des Hofes geführt hatte. »Welches Pferd hat dieser
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nichtswürdige Kerl Euch gegeben?« fragte er. »Den Schecken
oder die schwarze Stute?«
»Die Stute«, antwortete Tobias, während Bressers Augen
kleine Blitze in Temsers Richtung zu verschießen schienen.
»Das sieht ihm ähnlich. Der Gaul ist fast so alt wie er
selbst und kaum noch gut genug, einen kleinen Wagen zu
ziehen.« Er seufzte tief und bedachte Bresser mit einem vor-
wurfsvollen Blick. »Ich werde Euch ein anderes Pferd geben,
wenn Ihr weiterreitet«, sagte er. »Eines, auf dem man auch
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reiten kann. Ulbert!« fügte er mit erhobener Stimme hinzu.
»Sattelt die Graue für den Herrn. Und beeil dich!«
»Ich habe ein friedliches Pferd herausgesucht«, verteidigte
sich Bresser. »Wäre es dir lieber, ich hätte eines genommen,
auf dem er sich den Hals bricht?«
Temser würdigte ihn nicht einmal einer Antwort, sondern
ging zum Haus, und Tobias folgte ihm. Kurz bevor er es
betrat, blieb er noch einmal stehen und sah sich um. Die
meisten der kleinen Gestalten auf dem Scheunendach hatten
ihre Arbeit wieder aufgenommen, und das Hämmern und
Rufen hallte wieder genauso laut über den Hof wie vorhin.
Nur einer der Männer regte sich noch nicht, sondern blickte
weiter zu ihnen herab. Dann erkannte ihn Tobias. Es war
Derwalt. Er widerstand im letzten Moment der Versuchung,
ihm zuzunicken, und beeilte sich, Temser zu folgen.
Im Haus hatte die Bäuerin bereits das vorbereitet, was sie
unter einer einfachen Mahlzeit verstehen mochte: der große
Tisch in der hellen, überraschend geräumigen Wohnküche
bog sich schier unter den aufgetragenen Speisen und Geträn-
ken, so daß Tobias unwillkürlich stehenblieb und die beiden
Bauersleute überrascht ansah.
»Oh, das ist nur ein Zufall«, sagte Temser lächelnd. »Wir
haben schon alles für ein Mahl vorbereitet. Die Leute drau-
ßen, Ihr versteht?« Er deutete auf das Fenster, hinter dem die
im Bau befindliche Scheune sichtbar war. »Wir können nicht
viel bezahlen. Die letzte Ernte war nicht sehr gut. Die mei-
sten arbeiten nur für eine Mahlzeit und einen Laib Brot, den
sie mit nach Hause nehmen können.«
»Ihr . . . eßt sehr früh«, sagte Tobias, während er zum
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Tisch ging und sich setzte - eigentlich nur, um überhaupt
etwas zu sagen, denn er bemerkte aus den Augenwinkeln,
daß Bresser schon wieder zum Sprechen angesetzt hatte.
Allmählich begann ihm seine Art, sich ständig einzu-
mischen, auf die Nerven zu gehen.
»Gezwungenermaßen, Vater. Die Männer gehen früh nach
Hause. Der Weg nach Buchenfeld ist weit, und sie haben
Angst, von der Dunkelheit überrascht zu werden.«
Seine Stimme klang bei diesen Worten so spöttisch, daß
Tobias ihn unwillkürlich fragte: »Ihr nicht?«
»Nein«, antwortete Temser. »Sie sind ein abergläubisches
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Pack, wenn Ihr mich fragt.«
»Ihr habt keine Angst vor den . . . Dingen, die hier nachts
geschehen?« fragte Tobias.
»Dinge?« Temser schien das Wort einen Moment auf der
Zunge zu behalten wie einen Schluck Bier, dessen Gesch-
mack er prüfte - und der ihm nicht gefiel. Schließlich
zuckte er mit den Schultern. »Dinge geschehen oder auch
nicht«, antwortete er geheimnisvoll. »Aber jetzt greift doch
erst einmal zu. Hier, nehmt - bei einem guten Schluck
spricht es sich besser.«
Er beugte sich über den Tisch und füllte Tobias' Becher
randvoll mit goldgelbem Bier, das köstlich schmeckte. Und
nach dem anstrengenden Ritt hierher war es eine schiere
Wohltat. Tobias leerte den Becher mit dankbaren großen
Schlucken und ließ sich ohne Protest nachschenken, nippte
aber danach nur noch daran. Er brauchte einen klaren Kopf.
Bresser trank einen winzigen Schluck, ehe er seinen Krug
wieder absetzte. Er starrte aus dem Fenster.
Mit ihnen waren auch ein paar von den Kindern hereinge-
kommen, die sich jetzt ohne Scheu von den aufgetischten
Speisen bedienten. Tobias sah lächelnd auf sie herab. Er
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